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Demokratie jetzt!

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by travelmate

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Vor einiger Zeit ging bei uns im Büro die Kaffeemaschine kaputt. Das war mir am Anfang eigentlich ziemlich egal, man konnte ja noch Filterkaffee machen, naja, Hauptsache, man kann im Büro irgendwie Kaffee kochen.

Aufmerksam wurde ich dann erst, als das Gerücht durch die Flure geisterte, es soll eine neue Kaffeemaschine geben und zwar eine ganz tolle! Mit italienischem Kaffee und ganz viel Schnickschnack und so. Nun hat es sich vielleicht schon herumgesprochen, dass ich in meiner kostbaren Freizeit gern einmal dem italienischen Starkkaffee fröne. Wenn man das so nennen kann. Andere behaupten, ich sei ein Kaffeejunkie, aber das nur nebenbei. Kaffee ist nun mal nicht Kaffee und die extrastark gebrannte Bohne in hochkonzentrierter Form ist schon etwas besonderes. Aber ich merke gerade, dass ich von meinem eigentlichen Anliegen abkomme.

Nach einigen Tagen stand also nun die neue Maschine namens "Blitz" in der Küche. Sie strahlte und blinkte und blitzte im wahrsten Sinne des Wortes! Es gab einen kleinen Einführungskurs, da diese Maschine nun über sogenannte "Pads" befüllt wird, nicht mehr mit ganzen Bohnen, wie die alte. Ok, es war etwas aufwendiger und umständlicher, aber wer gerne Kaffee geniesst, den erfüllt schon die Vorfreude auf ein so wunderbares Getränk mit dem pursten Glück.

Nun hatte es sich schon in der Übergangszeit (also bis die neue Maschine da war) gezeigt, dass es hier in dieser Bürowelt Menschen gibt, die sich pro Tag bis zu 10 große Tassen Kaffee einwerfen. Ich konnte das erst nicht glauben. Dann stellte ich aber fest, dass es sich nur im entferntesten um "Kaffee" handelte. Es war bestenfalls heißes Wasser, welches in ca. 1 cm Entfernung an den Bohnen vorbeigeleitet wurde. Naja. Dünnkaffee also.

Die neue Machine war klasse! Der Kaffee: einfach genial! Und wie die Pads schon dufteten, wenn man sie aus der Verpackung nahm!

Die Viel-und-Dünnkaffee-Trinker jedoch begannen schon beim ersten Anblick der Maschine zu murren: "Das ist aber kompliziert!" oder "Ich möchte mal wissen, wieviel jetzt so ein Kaffee kostet!!!" (Mal davon abgesehen, dass sie sich da noch nie Gedanken darüber gemacht hatten geschweige denn jemals auch nur einen Eurocent für Kaffee berappen mussten!) oder auch "Der schmeckt ja gar nicht wie J**obs Krönung!" und noch viel schlimmere Sachen bis zum Boykott.

Jetzt stand die neue Maschine aber einmal da und erfreute den wirklichen Kaffeefreund jeden Tag aufs neue. Die Dünnkaffeefraktion hörte aber nicht auf zu stänkern.
Leider hatte die gute "Blitz" auch eine Probezeit. Als diese vorbei war, gab es eine geheime Abstimmung, ob die Maschine bleiben sollte oder nicht. Demokratie eben!
Ich hab mein bestes gegeben, ich habe geredet, ich habe argumentiert, ich habe diskutiert, ich habe zugegeben auch geschleimt und gedroht. Geholfen hat es nichts.
"Es war nicht so eine klare Entscheidung wie vorgestern in Belgien, aber die Mehrheit hat sich gegen den Verbleib von 'Blitz' entschieden." So die nüchterne Mitteilung des Wahlleiters. Für mich natürlich ein Schock.

Wir haben jetzt eine neue, zwar wieder auf Probe, aber die ist fast wie die alte, kaputtgegangene Maschine. Als ich heute früh einen führenden Vertreter der Dünnkaffeefraktion fröhlich grinsend an der Maschine traf (zugegeben, sie ist schon sehr einfach zu bedienen...) und ihn fragte: "Na, seid ihr jetzt zufrieden?", bekam ich als Antwort: "Ja, ich hab ja auch so eine zu Hause. Und - eigentlich sollten ja die über die Maschine entscheiden, die am meisten Kaffee trinken!"

Häh? Ist das Demokratie? Die Diktatur einer konstruierten Mehrheit über eine angebliche Minderheit? Und was ist denn, wenn ich bei der anderen Kaffeemaschine auf einmal ganz viel Kaffee trinke? Mir wird ganz übel. Das heißt ja, ich DARF über etwas gar nicht entscheiden, weil ich es NICHT TOLL finde? So war das aber glaub ich nicht gemeint!

Nun steht die wunderbare "Blitz" neben Reißwolf und Flaschenkisten und wartet darauf, abgeholt zu werden. Schade.

Liebe "Blitz", ich hab dich in den wenigen Wochen, die wir zusammen verbracht haben, sehr lieb gewonnen. Es war nicht fair, wie man mit dir umgegangen ist. Es tut mir leid. Ich konnte es nicht verhindern. Ich werde dich vermissen.

Kommentare

frisör am 2005-06-06 08:31:08

ach ja!!!! du sprichst mir aus der seele!!! eigentlich wolle ich mich deshalb für die nächsten wochen krankmelden, aber was soll ich zu hause??? der schmerzliche anblick der blitz-losen küche wird mich zwar immer wieder in ein tiefes stimmungsloch katapultieren, aber wenn wir schon 2 leidensgenossen sind - geteiltes leid....

spätestens nächsten donnerstag nachmittag im vildsvin wieder einen der besten cafés der welt. prometido!


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